Ost || West oder Ost <=> West?

Wer in schnell-lesenden Zeiten nur den Teaser eines Artikels des heutigen Freitag liest, zieht schnell falsche Schlüsse.

Die Abkehr des Landes von Europa wird immer unaufhaltsamer, die Reaktionen auf die verschärften EU-Sanktion sind ein mehr als deutliches Statement.

Denn in Zeiten des Russland-Bashing werden allzuoft Konsequenzen mit Ursachen verwechselt. Die Abkehr von Europa ist, wie der Artikel aufzeigt, eine Konsequenz der EU-Osterweiterung.

Und unterstellt man Russland nur gar zu gerne Machtpolitik, dann sollte man zumindest nicht die Augen vor der „eigenen“ Machtpolitik verschließen.

Der Autor Lutz Herden konstatiert mit deutlichen Worten:

Dem andauernden Ostexport westlicher Bündnissysteme wird ein entspanntes Verhältnis mit Russland geopfert und damit eine der Geschäftsgrundlagen des postpolaren Zeitalters in Europa. Wozu nicht nur die Euro-Gemeinschaft gehört, sondern gleichermaßen die Partnerschaft mit der Großmacht im Osten. Nun aber werden einst aufgestoßene Fenster nicht nur zugeschlagen, sondern drohen zugemauert zu werden.

Diese Feststellung sollte man den EU-Politikern um die Ohren hauen. So wie die Bürger des Maidan um ihre Grundsätze betrogen wurden, so werden wir Europäer um die im glücklichen Jahr 1989 errungene Öffnung betrogen. Besser: wir lassen uns alle Errungenschaften (Annäherung, Öffnung, Gemeinsamkeit) von den EU- und USA-Politikern nehmen. Wir lassen es zu, daß ein neuer Riß durch Europa geht und das alte „Ost-West-„Schema wiederbelebt wird.

Mich betrifft das sehr, seit 1991 bin ich mehr als 40x nach Russland, Armenien, Litauen, Weißrussland gefahren. Kulturaustausch, Kennenlernen, Erkennen war mein / unser Weg des friedlichen Zusammenlebens.

Soll das alles verloren gehen? Opfern wir das den Handelsinteressen von Monsanto, Halliburton? Was wiegt mehr, friedliche Koexistenz oder Wirtschaftsexpansion, gemeinsame Konzerte oder Fracking in der Ost-Ukraine?

Wir Europäer haben die Wahl. Wir müssen uns nur dessen bewußt sein.
Nicht die Schlagzeilen von FAZ, ZEIT und der Tagesschau konsumierend hinnehmen, sondern Fragen stellen:

Ist das wirklich so?

Und diese Antworten überlegen:

Nein, das ist manipulierte Information.
Nein, da stehen Interessen dahinter.
Aber nicht unsere.

Schon 2001 sagte Putin im Deutschen Bundestag:

Was die europäische Integration betrifft, so unterstützen wir nicht einfach diese Prozesse, sondern sehen sie mit Hoffnung. Wir tun das als ein Volk, das gute Lehren aus dem Kalten Krieg und der verderblichen Okkupationsideologie gezogen hat.

und

Wir sprechen von einer Partnerschaft. In Wirklichkeit haben wir aber immer noch nicht gelernt, einander zu vertrauen. Trotz der vielen süßen Reden leisten wir weiterhin heimlich Widerstand.

So heimlich ist heute der Widerstand nicht mehr. Sondern sehr deutlich.